Debüt: Die dunkle Seite des Weiss v. Yalda Lewin

Veröffentlicht auf von Helen B. Kraft

Inhalt:

Der hochsensible Jakob Roth hat besondere Fähigkeiten, die ihn zum idealen Mitarbeiter einer besonderen Institution machen: die Akademie. Doch aufgrund von Anschuldigungen musste Jakob vor zwei Jahren seine Karriere dort beenden und verlor zudem seine Ehefrau, die ihm nicht glauben wollte.

Im Hier und Heute steht Mirella, besagte Exfrau, nun vor seiner Tür und bittet ihn um Mithilfe in einem brisanten Fall, der so viel Ähnlichkeit mit der Sache hat, die ihn damals den Job kostete, dass Jakob nicht anders kann, als zuzustimmen.
Konfrontiert mit den Bildern einer Toten, die in den Beelitzer Heilstätten gefunden wurde und die scheinbar schon über einhundert Jahre alt ist und an Tuberkulose erkrankt war, beschließt Jakob, sich der Sache anzunehmen. Der Clou. Die Tote ist nicht an der Lungenkrankheit gestorben und verschwand damals spurlos.

Gemeinsam mit seiner Exfrau begibt sich Jakob auf Spurensuche und entdeckt dabei nicht nur Hinweise, die die Anschuldigungen in seiner Vergangenheit in anderem Licht erscheinen, er erkennt auch, dass die Beziehung zu Mirella noch nicht vollkommen verarbeitet ist ....

Rezension:

Ich liebe Mystery, ich liebe Thriller/Krimis und ich vergöttere den Schreibstil von Yalda Lewin.
Direkt zu Beginn schafft es die Autorin, mich mit gezielt gewählten Worten in ihren Bann zu schlagen. Für jemanden wie mich, der viel und gerne liest, ist es nicht leicht, ein gutes Buch zu finden, dass noch überraschen kann. Frau Lewin ist dies gelungen. Sogar Textstellen, die für gewöhnlich überlese (Umgebungsbeschreibungen), hat sie mit ganz eigener Treffsicherheit so dargestellt, dass man sie einfach mitlesen muss, um sich nicht der Stimmung des Romanes entziehen zu wollen.

Da Jakob Roth ein Hochsensibler ist, muss natürlich auch seine Wahrnehmung entsprechend dargestellt werden, ohne durch zu viel Information oder zu viel Vorrausetzen durch den Autor entstellt zu werden. Da der Roman in der Ich-Perspektive erzählt wird, ist es umso wichtiger, dass man als Leser nicht das Gefühl bekommt, ein Außenstehender zu sein. Mit gelungenen Metaphern, einer gehörigen Portion Selbstironie und harmonisch ineinander übergehenden Beschreibungen hat Frau Lewin es geschafft, sogar einen Beschreibungsmuffel wie mich zu überzeugen.

Jakob ist eine starke Person mit großen Schwächen, die man ihm aber gerne verzeiht, wenn man erst einmal in sein Innenleben eingetaucht ist. Mirella dagegen erscheint mir weit komplexer, als man es in der Kürze der Handlung begreifen kann. Da aber ein Teil I hinter dem Buchtitel steht, hoffe ich natürlich, dass wir dazu noch mehr hören/lesen werden. Einzig der Charakter des Akademie-Chefs Simon fand ich ein wenig blass, was aber auch daran liegen kann, dass er nur sehr wenig mit der eigentlichen Aufklärung des Falles zu tun hatte.

Abgesehen von den Figuren hat mich auch die Umgebungsbeschreibung überzeugt. Ich war bislang nur einmal in Berlin und konnte die im Roman beschriebenen Orte nicht selbst sehen. Gleichwohl schuf die Autorin genügend Bilder, dass ich mir die Örtlichkeiten bis ins Detail vorstellen konnte.

Personen, Orte und die Detailfülle rund um den Fall schaffen eine eigene Welt, in die man eintauchen und so schnell nicht wieder auftauchen möchte. Das Schicksal der Toten Clara von Rieckhofen ist immer präsent und wirft bei jeder neuen Lösung weiter Fragen auf, die sich in einer komplexen Sinfonie vereinigen und am Ende eine spannend-schöne Handlung hervorbringen. Selbst die medizinischen Fachbegriffe wurden so gekonnt eingeflochten, dass selbst ein Laie wie ich, sich weder überrollt fühlte noch darüber stolpern konnte.

Als Fan derartiger Lektüre fällt es mir oft schwer, ein Buch nicht nach fünf Minuten aus der Hand zu legen, weil ich den Täter schon kenne. Frau Lewin hat bis nahezu zum Schluss genügend falsche Fährten gelegt, dass man nicht sofort mit dem Finger auf den Schuldigen zeigen konnte und selbst die finale Erklärung am Ende erscheint doch ein wenig überraschend, wenngleich nicht unplausibel.

Insgesamt hat mich der Roman so sehr gefesselt, dass ich fast ein Viertel schon während einer zwanzig-minütigen Bahnfahrt und den Rest innerhalb von zwei Stunden durchgelesen hatte.

Fazit:

Wer keine Lust auf Einheitsbrei im Krimi-Bereich und nichts gegen eine Brise Mystery einzuwenden hat, sollte sich den Roman auf jeden Fall zulegen. Ich finde, Yalda Lewin hat das Zeug dazu, einmal eine der ganz Großen in ihrem Bereich zu werden.

Leider gibt es den Roman derzeit "nur" als E-book, dabei hätte ich gerne ein Exemplar bei mir im Regal stehen - neben Jeffrey Deaver und Karin Slaugther. [Edit: Eine Printversion ist für dieses Jahr noch geplant +freu*] Aber auch gegen eine Verfilmung hätte ich nichts einzuwenden, denn den Stoff dafür liefert "Die dunkle Seite des Weiß" allemal.

Auf jeden Fall kann ich es nicht erwarten, mehr von der Autorin zu lesen und hoffe, dass der nächste Roman nicht allzu lange auf sich warten lässt.

Veröffentlicht in Rezensionen

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post